Reiner Sauerstoff bei der Verbrennung

878 494 Walter Rodriguez Hernandez

Es gibt eine Vielzahl von technischen Anlagen und Prozessen, die aus einem Energieträger, wie zum Beispiel Öl, Gas, Holz, Abfälle oder andere Reststoffe, und der Zugabe von Luft den Brennstoff in Wärme umwandeln. In den meisten Fällen geht es um die Bereitstellung von thermischer Energie, die in weiterführenden Prozessschritten benötigt wird. In einigen andere Anwendungen geht es um die Umsetzung oder Zersetzung von gefährlichen bzw. umweltrelevanten Stoffen, wobei häufig eine Kombination mit Restwärmenutzung angestrebt wird. Um eine optimale Verbrennung zu erreichen, müssen die eingesetzten Mengen von Brennstoff und dem zugeführten Sauerstoff aus der Luft optimiert werden. Zu wenig Sauerstoff führt zu einer unvollständigen Verbrennung mit entsprechenden Einbußen bei der Effizienz und zu erhöhten Umweltbelastungen. Zu viel Luft hat einen negativen Einfluss auf die Bildung von Stickstoff (Nox).

Reiner Sauerstoff wird bereits seit vielen Jahren bei Verbrennungsprozessen in technischen Anwendungen eingesetzt. Der Hauptgrund für den Einsatz reinen Sauerstoffs liegt häufig in speziellen Anforderungen an den Prozess bzw. an die Prozessparameter. Die Vorteile des Einsatzes sind vielschichtig:

  1. Erhöhte Effizienz: Reiner Sauerstoff erhöht die Verbrennungstemperatur und die Effizienz des Prozesses.
  2. Reduzierte Emissionen: Da weniger Stickstoff in der Luft vorhanden ist, werden weniger Stickoxide (NOx) produziert.
  3. Sauberere Verbrennung: Es entstehen weniger unverbrannte Kohlenwasserstoffe und Kohlenmonoxid (CO).
  4. Kompaktere Ausrüstung: Die Verwendung von reinem Sauerstoff kann zu geringeren und kompakteren Verbrennungs- und Abgasreinigungsanlagen führen.
  5. Schnellere Reaktionszeiten: Die Reaktionen verlaufen schneller, was die Prozesszeiten verkürzt.
  6. Bessere Kontrolle: Die Verbrennung lässt sich präziser steuern und überwachen.
  7. Energieeinsparung:  Der Energieverbrauch kann durch effizientere Verbrennung gesenkt werden.

Allerdings hat der Einsatz von reinem Sauerstoff in Prozessen auch Nachteile:

  1. Kosten: Die Produktion und Handhabung von reinem Sauerstoff sind kostenintensiv.
  2. Sicherheitsrisiken: Reiner Sauerstoff ist brandfördernd und kann die Gefahr von Bränden und Explosionen erhöhen.
  3. Verschleiß der Ausrüstung: Höhere Verbrennungstemperaturen können zu schnellerem Verschleiß der Ausrüstung führen.
  4. Erhöhte Wartung: Die Systeme zur Sauerstoffzufuhr erfordern regelmäßige Wartung und Inspektionen.
  5. Komplexität: Die Handhabung und Lagerung von reinem Sauerstoff erfordern spezielle Kenntnisse und Ausrüstung.
  6. Umweltbelastung: Die Produktion von reinem Sauerstoff kann energieintensiv sein und Umweltbelastungen verursachen.
  7. Logistik: Der Transport und die Lagerung von reinem Sauerstoff erfordern besondere Maßnahmen und können logistische Herausforderungen darstellen.

Die Gegenüberstellung von Vor- und Nachteilen zeigt, dass der Einsatz von Sauerstoff Chancen für die Prozessführung und für die Umwelt bieten kann. Ein wesentlicher Nachteil sind die Kosten, die einerseits aus der Herstellung und Bereitstellung von Sauerstoff resultieren und andererseits aus der anspruchsvolleren Anlagentechnik.

Mehr Informationen zum Thema finden Sie auch auf unserer Wasserstoff-Seite:

Mit Blick auf die Anlagenkosten (CAPEX) dürfte der Unterschied bei Neuanlagen eher gering ausfallen. Höhere Anforderungen an eingesetzte Materialien und ggf. an die Regelungstechnik und Wartung werden im erheblichen Maße durch die geringere Baugröße kompensiert – bei gleicher Leistungsfähigkeit. Schließlich muss beim Einsatz von reinem Sauerstoff deutlich weniger Volumen gehändelt werden. Der für die Verbrennung notwendige Sauerstoff hat bekanntermaßen in der Luft einen Anteil von 21%. Aus diesem Grund beträgt das zu händelnde Volumen bei der Verwendung von reinem Sauerstoff nur etwa ein Fünftel im Vergleich zum Einsatz von „normaler Luft“, was die Anlagentechnik in allen Bereichen, insbesondere der Bereich der Abgasreinigungositiv beeinflusst.

Bei Bestandsanlagen kann der Einsatz von reinem Sauerstoff oder die Beimischung von reinem Sauerstoff zur Verbrennungsluft ebenfalls Vorteile bieten. Der wichtigste Vorteil ist die Erhöhung der Effizienz bei gleicher, bestehender Anlagentechnik und -größe. Hier sind Steigerungen im Bereich 10-20 % realistisch und in der Praxis bestätigt, was in vielen Bereichen ein interessanter Ansatz im Vergleich zu einem Neubau oder zu einem teuren Erweiterungsbau sein kann. Auf der anderen Seite ist sind die Verfügbarkeit und die Kosten für reinen Sauerstoff, wenn dieser in der Verbrennung genutzt werden soll, zwei wesentliche Nachteile.

Die Erzeugung von Wasserstoff ist derzeit ein zentrales Thema, das in vielen Programmen gefördert wird. Mit Hilfe eines Elektrolyseurs kann z. B. Wasserstoff für spezielle technische Anforderungen produziert werden. Alternativ kann der Wasserstoff als Ersatzbrennstoff genutzt werden. Sollte die Primärenergie der Anlagentechnik auf „grünem“ Strom basieren, würde somit gleichzeitig der CO2 -Fußabdruck deutlich reduziert werden (Stichwort Dekarbonisierung), was langfristig nicht nur der Umwelt zugutekommt.

Als Nebenprodukt der Elektrolyse fallen je ein Kilogramm Wasserstoff und acht Kilogramm Sauerstoff an, der heute praktisch nicht genutzt wird und klassisch in die Atmosphäre abgegeben wird. Hierin kann der Schlüssel zu einer möglichen Optimierung Ihres Verbrennungsprozesses und zur langfristigen Gesamt-Optimierung liegen.

Mit einer eigenen Wasserstofferzeugung oder einer Kooperation mit der Industrienachbarschaft kann der notwendige Sauerstoff vor Ort produziert werden. Durch den Einsatz des Sauerstoffs aus der Elektrolyse wird die Wirtschaftlichkeit der Elektrolyse-Anlage deutlich gesteigert. Erste Untersuchungen zeigen, dass die Kosten bezogen auf den Wasserstoff um ca. 45% gesenkt werden können, wenn der Sauerstoff technisch, kommerziell genutzt wird. Diese Kosten-Potentiale zeigen deutlich, dass eine Betrachtung des Gesamtprozesses sinnvoll sein kann, zumal aktuell mit werthaltigen Fördermöglichkeiten aus unterschiedlichen Fördertöpfen (Regional, Land, Bund) gerechnet werden kann.

Naturgemäß sind bei der Planung und Umsetzung eines solchen Vorhabens diverse Punkte zu beachten. Neben regulatorischen Vorgaben wie z. B. Genehmigungen oder einer Beleuchtung der Fördermöglichkeiten, muss auch die Anlagentechnik beachtet, ausgewählt und aufeinander abgestimmt werden, um das bestmögliche Ergebnis zu erreichen.

Wo könnte der Sauerstoff eingesetzt werden?
  • In der Eisen- und Stahlindustrie wird Sauerstoff entlang der verschiedenen Herstellungsrouten von Stahl unterschiedlich eingesetzt. Bei der konventionellen Hochofenroute wird Sauerstoff dem Heißwind des Hochofens zur Leistungssteigerung beigemischt oder aber über Koaxiallanzen gemeinsam mit Kohlestaub zugeführt.
  • Des Weiteren wird reiner Sauerstoff zum Frischen des Roheisens eingesetzt. Entlang der Direktreduktionsroute ergibt sich das Sauerstoffverwendungspotential im Elektrolichtbogenofen.
  • Ein weiteres Verwendungspotential erschließt sich aus der Sauerstoffanreicherung der Verbrennungsluft der Erwärmungsöfen im Warmwalzwerk.
  • In der Glasherstellung kann der Einsatz von Sauerstoff zur Steigerung der Energieeffizienz je nach Ofentyp um bis zu 45% beitragen. Es wurden bereits unterschiedlichste Verbrennungskonzepte, von OEA bis Oxy-Combustion, erprobt und umgesetzt. Vorteile ergeben sich durch Brennstoffeinsparungen, verbesserte Wärmeübertragungsverhältnisse sowie geringere Kapitalkosten. Ebenso können Schadstoffe durch den Einsatz von Sauerstoff im Verbrennungsprozess reduziert werden. Die Brennersysteme in der Glasindustrie eigenen sich zudem ideal für die Nachrüstung auf sauerstoffangereicherte Verbrennungskonzepte.
  • In der emissionsintensiven Zementindustrie kann elementarer Sauerstoff ebenfalls zur Anreicherung der Verbrennungsluft im Drehrohrofen verwendet werden.
  • In der Zellstoff- und Papierindustrie kann Elektrolyse-Sauerstoff wie bereits angeführt im Verbrennungsprozess des Drehrohrofens als auch zur Entfernung des Restlignins nach dem Kochvorgang sowie zum Sauerstoffbleichen eingesetzt werden. Die Implementierung der Wasserelektrolyse zur Substituierung der fossilen Brennstoffe im Verbrennungsprozess des Drehrohrofens mit Wasserstoff könnte in Zukunft zur signifikante Reduktion der THG-Emissionen in diesem Industriesektor beitragen.
  • Im Bereich der Müllverbrennungsanlagen ermöglicht der Einsatz von Sauerstoff im Verbrennungsprozess die Verwertung von alternativen Brennstoffen mit niedrigem Heizwert. Da sich die Sauerstoffbereitstellung über konventionelle Anlagen (ASU) oftmals aus Kostengründen nicht rentiert, könnte diese Lücke durch die Verwendung von Sauerstoff geschlossen werden. Die Implementierung der Wasserelektrolyse wurde anhand einer Beispielanlage (WtE mit PtG und PEM-Elektrolyseur) demonstriert, wodurch sich auch im Sektor der Müllverbrennung ein Nutzungspotential für beide Elektrolyse-Produkte ergibt.
  • Bei der Abwasseraufbereitung wird Sauerstoff in der biologischen Reinigungsstufe sowie in Form von Ozon zur Reinigung von Mikroschadstoffen herangezogen. In der Betrachtung des Einsatzes von Elektrolyse-Sauerstoff in der Abwasseraufbereitung wurde dezidiert auf das Potential der Sektorenkopplung eingegangen. Durch die gleichmäßige und engmaschige Verteilung von Aufbereitungsanlagen auf nationaler Ebene resultiert das Potential, Elektrolyse-Wasserstoff für externe Zwecke zur Verfügung zu stellen, während die Elektrolyse-Produkte Sauerstoff und Wärme innerhalb der Aufbereitungsanlage genutzt werden können. Dadurch könnten Abwasseraufbereitungsanlagen künftig aktiv am Lastmanagement und somit zur Stabilisierung des Stromnetztes beitragen, wodurch sie zur Etablierung einer Wasserstoffinfrastruktur wesentlich beitragen können.
  • Aufgrund der hohen Reinheit des Elektrolyse-Sauerstoffs erschließt sich auch das Potential der Verwendung als Arzneimittel im Medizinsektor. Hier wurde ersichtlich, dass die dezentrale Herstellung von Sauerstoff und somit die Unabhängigkeit von Lieferketten einen Vorteil für abgelegene Krankenhäuser oder Krankenhäuser in instabilen Gegenden ergeben kann. Gleichzeitig wäre die unabhängige Versorgung mit elektrischem Strom und Wärme möglich, indem der Elektrolyse-Wasserstoff in entsprechenden KWK-Anlagen gewandelt wird.

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Udo Wollseifen
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